Definition
Ein Arbeitnehmer wird vom Arbeitgeber (Verleiher), bei dem er angestellt ist, einer dritten Partei (Entleiher) gegen Bezahlung für einen fest definierten Zeitraum (maximal 24 Monate) überlassen.
Das Dreiecksverhältnis zwischen Verleiher, Entleiher und Leiharbeitnehmer
Die Beziehungen zwischen den drei teilnehmenden Parteien Verleiher (Personaldienstleister), Entleiher (Kundenunternehmen) und Leiharbeitnehmer kann wie folgt beschrieben werden:
Beziehung zwischen Leiharbeitnehmer und Verleiher
Diese beiden Parteien stehen in einem Arbeitsverhältnis zueinander, das durch einen Arbeitsvertrag geregelt ist. Der Leiharbeitnehmer ist also dem Verleiher eine Leistung schuldig (keinen Erfolg) und bekommt dafür als Gegenleistung vom Verleiher sein Arbeitsentgelt, welches auch bei Urlaub und Krankheit ausgezahlt wird. Wie bei einer normalen Festanstellung, sind die Arbeitnehmerrechte durch Gesetz, Arbeitsvertrag und gegebenenfalls durch Tarifvertrag geregelt.
Beziehung zwischen Leiharbeitnehmer und Entleiher
Der Verleiher überlässt den Leiharbeitnehmer dem Entleiher, weshalb der Leiharbeitnehmer seine Arbeitsleistung, die er eigentlich dem Verleiher schuldig ist, nicht bei diesem erbringt, sondern beim Entleiher. Er ist in dessen Arbeitsorganisation eingegliedert und unterliegt seinen fachlichen Weisungen.
Beziehung zwischen Verleiher und Entleiher
Der Verleiher schließt mit dem Entleiher den Arbeitnehmerüberlassungsvertrag in Schriftform (§ 12 Abs. 1 S. 1 AÜG). In diesem überträgt der Verleiher dem Entleiher die Weisungsrechte gegenüber dem Leiharbeitnehmer, dessen Person vor der Überlassung zu konkretisieren ist. In der Regel vereinbaren diese beiden Parteien einen Stundensatz, den der Verleiher für die geleistete Arbeitszeit des Leiharbeitnehmers erhält. Die Differenz aus Stundensatz und Bruttostundenlohn bildet die Marge des Verleihers, von der noch Sozialversicherungsbeiträge sowie sonstige interne und kalkulatorische Kosten abgehen.
Gesetz zur Regelung der Arbeitnehmerüberlassung (auch: Arbeitnehmerüberlassungsgesetz)
Die rechtliche Grundlage für legale Arbeitnehmerüberlassung in Deutschland wird im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) geregelt. Illegalen Formen der Arbeitnehmerüberlassung soll so entgegengewirkt werden. Die aktuelle Fassung des AÜG finden Sie hier. Dadurch wird die EU-Richtlinie 2008/104/EG über Leiharbeit in nationales Recht umgesetzt. In diesem Gesetz werden insbesondere folgende Punkte geregelt:
Höchstüberlassungsdauer
Seit April 2017 darf ein Leiharbeitnehmer nicht länger als 18 Monate beim selben Entleiher beschäftigt sein. Dies gilt auch bei einem (zwischenzeitlichen) Wechsel des Entleihers. Eine Einsatzzeit wird dieser Höchstüberlassungsdauer nur dann nicht angerechnet, wenn nach ihr eine mindestens drei Monate andauernde Nichtbeschäftigung erfolgte. Eine Tätigkeit, die durch eine mehr als dreimonatige Phase von Urlaub oder Krankheit unterbrochen wurde, zählt also nicht dazu. Durch tarifvertragliche Regelungen in der jeweiligen Einsatzbranche kann diese Höchstüberlassungsdauer auf bis zu 24 Monate ausgedehnt werden. Diese Verlängerung der Höchstüberlassungsdauer durch Tarifverträge ist zuletzt vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) in seinem Urteil vom 17. März 2022 betätigt worden (Aktenzeichen C-232/20).
Gleichstellungsgrundsatz - Equal Treatment
Der Verleiher verpflichtet sich, dem Leiharbeitnehmer die gleichen Arbeitsbedingungen wie vergleichbaren Arbeitnehmern aus der Stammbelegschaft des Entleihers zu bieten (§ 8 AÜG). Dazu zählt neben Urlaubsgewährung und Arbeitszeitvorschriften auch das Arbeitsentgelt inklusive Urlaubs- und Weihnachtsgeld, Prämien und Sozialleistungen (Equal Pay). Ein Tarifvertrag kann bezüglich der Entgelte für die ersten neun Monate einer Beschäftigung beim Entleiher von diesem Gleichstellungsgrundsatz abweichen. Längere Abweichungen sind nur dann zulässig, wenn
- die Gleichstellung spätestens nach 15 Monaten erreicht ist und
- eine spätestens nach sechs Wochen eintretende, stufenweise Angleichung an die Gleichbehandlung erfolgt.
Zugang zu Gemeinschaftseinrichtungen oder -diensten (§ 13b AÜG)
Wenn dies nicht aus sachlichen Gründen gerechtfertigt ist, hat der Entleiher dem Leiharbeitnehmer Zugang zu allen betrieblichen Einrichtungen wie Kitas, Kantinen oder Beförderungsmittel zu gewähren.
Verbot von Kettenüberlassungen (auch: Zwischenverleih oder Weiterverleih)
Es ist dem Entleiher untersagt, entliehene Arbeitnehmer an ein weiteres (Sub-)Unternehmen weiterzuverleihen und somit selbst als Verleiher aufzutreten. Das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz regelt diesen Sachverhalt in §1 Absatz 1 Satz 3, indem es die Arbeitnehmerüberlassung nur dann für zulässig erklärt, wenn zwischen dem Leiharbeitnehmer und dem Verleiher eine arbeitsvertragliche Beziehung besteht.
Erlaubnispflicht
Firmen, die Arbeitnehmer verleihen wollen, brauchen dazu eine Erlaubnis. Diese muss bei der Bundesagentur für Arbeit beantragt werden. Die aus dem Antrag gegebenenfalls resultierende Erlaubnis wird zunächst befristet erteilt. Eine Entfristung erfolgt frühestens nach drei aufeinander folgenden Jahren tatsächlicher Verleihtätigkeit. Es gibt allerdings auch Ausnahmen der Arbeitnehmerüberlassung, für die keine Erlaubnis nötig ist (siehe hierzu §1 Absatz 3 AÜG). Die Bundesagentur für Arbeit stellt die Zuverlässigkeit der Verleihunternehmen durch Betriebsprüfungen sicher. Diese Prüfungen fallen in der Regel im Zuge des ersten Verlängerungsantrags, des Antrags auf eine unbefristete Erlaubnis sowie danach alle fünf Jahre oder anlassbezogen an. So werden sowohl die Leiharbeitnehmer als auch die Verleiher (vor unzuverlässiger Konkurrenz) geschützt.
Tarifverträge
In Deutschland hat der Deutsche Gewerkschaftsbund als größter Dachverband von Einzelgewerkschaften mit dem Bundesarbeitgeberverband der Personaldienstleister e.V. (BAP) und dem Interessenverband deutscher Zeitarbeitsunternehmen e.V. (iGZ) zwei Flächentarifverträge für die Zeitarbeitsbranche ausgehandelt. Hier ist auch das Mindestentgelt geregelt, welches sowohl zeitlich als auch nach Entgelt-Stufen gestaffelt ist. Für die unterste Stufe beträgt es aktuell 10,88 € pro Stunde. Ergänzend hierzu sind in den folgenden elf Branchen Zuschläge zu den ausgehandelten Entgelten vereinbart worden, die sich nach Einsatzdauer des Leiharbeitnehmers staffeln:
- Chemische Industrie
- Druckindustrie
- Holz- und kunststoffverarbeitende Industrie
- Kali- und Steinsalzbergbau
- Kautschukindustrie
- Kunststoffverarbeitende Industrie
- Metall- und Elektroindustrie
- Papier, Pappe und Kunststoffe verarbeitende Industrie
- Papier erzeugende Industrie
- Schienenverkehrsbereich
- Textil- und Bekleidungsindustrie
Vor- und Nachteile der Arbeitnehmerüberlassung
Vorteile für den Leiharbeitnehmer
Die Arbeitnehmerüberlassung bietet Berufsanfängern eine gute Chance für einen gelungenen Start in die Karriere. Man ist theoretisch (zum Beispiel nach einem Studium) sehr gut ausgebildet, hat aber gleichzeitig wenig von der oft geforderten Praxiserfahrung gesammelt. Die Arbeitnehmerüberlassung bietet diese Erfahrung, und das nicht nur in einem Unternehmen oder Branche, sondern in vielen. So sind Berufsanfänger in der Lage, in kürzester Zeit vielfältige Aufgaben und Verantwortungen zu übernehmen.
Gleichzeitig schnuppert man in viele verschiedene Organisationen und Strukturen hinein und baut sehr schnell ein berufliches Netzwerk auf. So bietet sich durch die Arbeitnehmerüberlassung einerseits die Chance sich im Berufsleben schnell zu orientieren und seinen Fokus auf die gewünschte Aufgabe, Branche oder das gewünschte Unternehmen zu setzen. Andererseits hat man oft die Aussicht, von einem Entleihunternehmen übernommen oder über eine aufgebaute Geschäftsbeziehung angeworben zu werden.
Ähnliche Vorteile, wie für Berufsanfänger, bietet die Arbeitnehmerüberlassung auch für den Wiedereinstieg in den Beruf, beispielsweise nach längerer Krankheit oder durch Kündigung. Stellt man seine beruflichen Qualitäten unter Beweis, so hat man natürlich auch hier – wenn man dies möchte – immer die Chance in eine Festanstellung übernommen zu werden.
Man bewirbt sich mit seinem Lebenslauf nur einmal beim Verleiher. Dieser kann damit bei zahlreichen Unternehmen in passende Jobs vermitteln. Somit spart man sich im Bewerbungsprozess viel Zeit und Mühe. Bei guten Verleihunternehmen wird man zudem gecoacht und optimal auf das Bewerbungsgespräch und das Onboarding beim Entleiher vorbereitet (siehe hierzu auch die Vorteile der Zusammenarbeit mit der top itservices AG).
Oft werden Stellen auch gar nicht offiziell ausgeschrieben und sind so für einen Arbeitnehmer gar nicht auffindbar. Die Suche erfolgt vielmehr direkt über einen Personaldienstleister, die dann ausschließlich über diesen vermittelt werden.
Im Gegensatz zu einer befristeten Anstellung bietet die Arbeitnehmerüberlassung die Sicherheit, auch nach dem Abschluss einer Beschäftigung beim Entleiher weiterhin beim Verleiher fest angestellt zu sein.
Nachteile für den Leiharbeitnehmer
Während für viele die durchaus geforderte Flexibilität kein Problem darstellt bzw. sogar gewünscht ist, so kann sie manche vor Herausforderungen stellen. So sieht sich der Leiharbeitnehmer bei den Einsatzunternehmen häufiger etablierten Teams gegenüber, als das in einer Festanstellung der Fall wäre. Auch kann innerhalb eines Einsatzes, wenn der Entleiher eine größere Zahl an Leiharbeitnehmern im Team beschäftigt, die Fluktuation der Kolleginnen und Kollegen höher sein. Dieser stetige Wandel erfordert ein gewisses Maß an sozialer Kompetenz und liegt nicht jedem. Er bietet für jeden persönlich aber auch die Chance daran zu wachsen und auf dieser zwischenmenschlichen Ebene Kompetenzen aufzubauen.
Vorteile für den Entleiher
Der Entleiher kann durch die Beschäftigung von Zeitarbeitern Auftragsspitzen abdecken, ohne seine Belegschaft dauerhaft erhöhen zu müssen. Kurzfristig können so Ausfälle, wie zum Beispiel aus Krankheitsgründen, Sabbaticals, Kündigungen oder durch Elternzeit, abgefedert werden. Oft ist allerdings schon vor Einstellung eines Mitarbeiters klar, dass dieser Bedarf, beispielsweise in Projektarbeit, nur kurze Zeit besteht. Somit kann mithilfe der Arbeitnehmerüberlassung der Personalbedarf projektbezogen geplant werden.
Wie oft fälschlicherweise angenommen, kann der Entleiher durch die Anstellung von Leiharbeitnehmern keine Personalkosten sparen, da diese der Stammbelegschaft gleichzustellen sind (siehe Gleichbehandlungsgrundsatz).
Durch den Einsatz von Leiharbeitnehmern entstehenden Kosten sind planbar. Denn nur geleistete Stunden werden bezahlt. Entgeltfortzahlungen im Falle eines krankheitsbedingten Ausfalls des Leiharbeitnehmers werden vom Entleiher getragen.
Zudem profitiert der Entleiher von Arbeitnehmern, die innerhalb der Arbeitnehmerüberlassung gegebenenfalls schon viel Erfahrung in den unterschiedlichsten Unternehmen und Branchen gesammelt haben. Fehler und Probleme, die beispielsweise in Projektarbeit von anderen Firmen gemacht wurden, müssen dank des Inputs von außen so nicht wiederholt werden.
Macht ein Leiharbeitnehmer seine Sache gut und es besteht vonseiten des Entleihers und des Arbeitnehmers ein Interesse an einer Festanstellung, so kann man ein solches Arbeitsverhältnis nach Beendigung der Arbeitnehmerüberlassung eingehen.
Nachteile für den Entleiher
Der Verleiher übernimmt, anders als beim Dienst- oder Werkvertrag (siehe unter Abgrenzung unten) keine Gewährleistung für die Qualität, der durch den Leiharbeitnehmer erbrachten Arbeit. Er haftet lediglich dafür, wenn ein von ihm ausgewählter Leiharbeitnehmer nicht der angeforderten Qualität entspricht (Auswahlverschulden). Hier verbleibt also das Risiko überwiegend auf der Seite des Entleihers. Umso wichtiger ist es bei der Auswahl eines geeigneten Verleihers auf dessen Qualität zu achten.
Vorteile für den Verleiher
Durch lange Vertragslaufzeiten bzw. Beschäftigungszeiten eines Leiharbeitnehmers beim Entleiher, entstehen für den Verleiher insgesamt weniger Kosten für Rekrutierung und Vermittlung.
Nachteile für den Verleiher
Der Verleiher übernimmt auch im Krankheitsfall die Lohnfortzahlung des Leiharbeitnehmers, welche nicht durch die mit dem Entleiher vereinbarten Stundenlohn gedeckt sind. Da diese Ereignisse nicht vorhersehbar sind, muss der Verleiher dafür kalkulatorische Kosten einplanen. Je länger ein Leiharbeitnehmer ausfällt, desto geringer wird die Marge des Entleihers.
Begriffsabgrenzung
Befristetes Arbeitsverhältnis
Bei einem befristeten Arbeitsverhältnis wird ein Arbeitnehmer bei einem Unternehmen für eine befristete Zeit angestellt. Demgegenüber ist die Arbeitnehmerüberlassung ein unbefristetes Arbeitsverhältnis zwischen dem Leiharbeitnehmer und dem Verleiher. Der Leiharbeitnehmer wird lediglich vom Verleiher für eine gewisse Zeit an den Entleiher verliehen.
Freelancing
Beauftragt ein Unternehmen eine selbständig tätige Einzelperson mit einem Projekt bzw. Teil eines Projektes, spricht man vom Freelancing. Im zugrundeliegenden Vertrag ist der Freelancer für das Resultat seiner Arbeit verantwortlich. Zwischen dem Auftraggeber (Unternehmen) und dem Auftragnehmer (Freelancer) liegt kein Arbeitsverhältnis vor. Ebenso gibt es, auch wenn ein Vermittlungsunternehmen auftritt, keinen Verleiher, zu dem der Freelancer in einem Arbeitsverhältnis steht.
In der Praxis muss zudem darauf geachtet werden, dass es keine Einbindung in die betrieblichen Arbeitsstrukturen, Bindung an Arbeitszeiten oder die Stellung von Arbeitsmitteln gibt. Auch eine regelmäßige, fixe Entlohnung ist ein Hinweis auf die sogenannte Scheinselbstständigkeit. Der Freelancer ist zudem – anders als bei der Arbeitnehmerüberlassung – dem Unternehmen, für das er seine Leistung erbringt, nicht weisungsgebunden.
Personalvermittlung
Hier wird, im Gegensatz zur Arbeitnehmerüberlassung, ein Arbeitnehmer langfristig an einen Kunden vermittelt. Das Arbeitsverhältnis besteht zwischen Arbeitnehmer und Kundenunternehmen. Das Vermittlungsunternehmen bzw. der Personalvermittler erhält für die Vermittlung eine entsprechende Vergütung (Provision).
Dienst- oder Werkvertrag
Der Dienst- bzw. Werkvertrag wird zwischen zwei Unternehmen – dem Auftraggeber und dem Auftragnehmer – geschlossen. Der Auftragnehmer ist hier für die Erfüllung des Dienstes bzw. die Erstellung des Werkes verantwortlich, trägt das unternehmerische Risiko und übernimmt die Gewährleistungspflichten. Die dafür erforderlichen Tätigkeiten werden durch seine Arbeitnehmer durchgeführt, die im Gegensatz zur Arbeitnehmerüberlassung weiterhin allein seinen Weisungen unterliegen.
Weblinks
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- https://www.arbeitsagentur.de/unternehmen/personalfragen/pflichten-arbeitgeber/arbeitnehmerueberlassung
- https://www.ihk-bonn.de/fileadmin/dokumente/Downloads/Recht_und_Steuern/Erlaubnispflichtige_Gewerbe/Arbeitnehmerueberlassung.pdf
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